Neueste Entscheidungen zum Urlaubsrecht

Das BAG hat in zwei Entscheidungen zur Frage, ob bei einem Arbeitnehmer auch in einem gekündigten Arbeitsverhältnis ein Urlaubsanspruch während der Dauer des für den Arbeitnehmer positiven Ausgangs eines Kündigungsschutzverfahrens, entstehen kann.

In beiden Verfahren hatte der Arbeitgeber sich jeweils auf den Verfall der Urlaubsansprüche mit Ablauf des Kalenderjahres/Urlaubsjahres berufen. In dem Verfahren 9 AZR 321/16 bestand dabei zusätzlich die Besonderheit hinzu, dass sich der Kläger nach dem obsiegenden Kündigungsprozess in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befunden hat. Das BAG hat die Feststellung getroffen, dass dem Arbeitnehmer der Urlaub für die Vergangenheit zusteht.

In dem Verfahren 9 AZR 579/16 hatte die Arbeitnehmer zwei Kündigungen erhalten, wobei die zweite Kündigung das Arbeitsverhältnis rechtskräftig beendet hatte.

In beiden Verfahren hat das BAG entschieden, dass unter Beachtung der neuen Rechtsprechung zum Urlaubsrecht der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist, den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass der Urlaubsanspruch verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht beantragt.

Die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge trägt, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss den Arbeitnehmer - erforderlichenfalls förmlich - auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn er ihn nicht beantragt.

Infolge des Fehlens konkreter gesetzlicher Vorgaben ist der Arbeitgeber aber grundsätzlich in der Auswahl der Mittel frei, deren er sich zur Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten bedient. Die Mittel müssen jedoch zweckentsprechend sein. Sie müssen geeignet sein, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, in Kenntnis aller relevanten Umstände frei darüber zu entscheiden, ob er seinen Urlaub in Anspruch nimmt. Es ist der Eintritt einer Situation zu vermeiden, in der ein Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers davon abgehalten werden kann, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber geltend zu machen. Ob der Arbeitgeber das Erforderliche getan hat, um seinen Mitwirkungsobliegenheiten zu genügen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Die Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten hat der Arbeitgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, weil er hieraus eine für sich günstige Rechtsfolge ableitet.

Hat der Arbeitgeber durch Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten den Urlaubsanspruch an das Urlaubsjahr gebunden und verlangt der Arbeitnehmer dennoch nicht, ihm Urlaub zu gewähren, verfällt sein Anspruch nach Maßgabe von § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG mit Ablauf des Urlaubsjahres. Liegen die Voraussetzungen einer Übertragung des Urlaubs nach § 7 Abs. 3 Satz 2 oder Satz 4 BUrlG vor, wird der Urlaub „von selbst" auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen (vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 52, BAGE 130, 119). Der Urlaubsanspruch kann in diesem Fall grundsätzlich nur dann mit Ablauf des Übertragungszeitraums untergehen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, seinen Urlaub noch innerhalb des Übertragungszeitraums zu nehmen, und ihn darauf hinweist, dass der Urlaubsanspruch anderenfalls erlischt (BAG 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 - Rn. 43)

Hat der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht entsprochen, tritt der am 31. Dezember des Urlaubsjahres nicht verfallene Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1. Januar des Folgejahres entsteht. Für ihn gelten, wie für den neu entstandenen Urlaubsanspruch, die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BUrlG. Der Arbeitgeber kann deshalb das uneingeschränkte Kumulieren von Urlaubsansprüchen aus mehreren Jahren dadurch vermeiden, dass er seine Mitwirkungsobliegenheiten für den Urlaub aus zurückliegenden Urlaubsjahren im aktuellen Urlaubsjahr nachholt. Nimmt der Arbeitnehmer in einem solchen Fall den kumulierten Urlaubsanspruch im laufenden Urlaubsjahr nicht wahr, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, verfällt der Urlaub am Ende des Kalenderjahres bzw. eines (zulässigen) Übertragungszeitraums.

Während der Elternzeit kann der Arbeitgeber eine Kürzung des jeweils entstehenden monatlichen Urlaubsanspruchs vornehmen (BAG Urteil vom 19. März 2019 - 9 AZR 362/18)

Allerdings kann er eine solche Kürzung nur während des bestehenden Arbeitsverhältnisses vornehmen (BAG Urteil vom 19.3.2019, 9 AZR 495/17)